Klimaaktivismus ist mein Ventil – Interview mit Anna Volk

Anna Volk

Es geht weiter in unserer Interviewreihe mit den zivilgesellschaftlichen Vertreter*innen des Klimarats. Hier ein Gespräch mit Anna Volk, die seit Frühjahr 2019 bei Friday for Future in München aktiv ist und nun auch im Klimarat direkt in der Stadtpolitik mitmischt. Nebenbei – so scheint es – macht sie dieses Jahr ihr Abitur.

Anna, warum engagierst du dich bei FFF und im Klimarat?

Es ist ein unfassbar frustrierender Zustand zu sehen, dass wir alle technischen Möglichkeiten und das Geld haben, einen signifikanten Beitrag zu leisten, die Klimakrise zu verlangsamen und dies nicht tun.
Klimaaktivismus ist mein Ventil dazu und der Versuch, unsere Systeme so zu verändern, dass die Welt klimagerechter wird.

Mir ist besonders wichtig anzuerkennen, dass es um die grundlegenden Systeme geht und nicht zwingend um die Individuen, die Entscheidungen in ihnen treffen. So halte ich individuelle Konsumkritik nur in manchen Fällen für sinnvoll, hingegen ist es viel wichtiger, Strukturen zu schaffen, in denen es beispielsweise keine Frage des Geld-Privilegs ist, wie klimagerecht eine Person handeln kann. Also gibt mir Aktivismus ganz konkret das Gefühl von der Selbstwirksamkeit etwas zu verändern, manchmal mehr und manchmal weniger.

Du bist Schülerin und kurz vor dem Abschluss sicher gefordert. Wie vereinbarst du dein Engagement und die Schule?
Ich habe 2019 mit 13 Jahren angefangen, mich für mehr Klimaschutz zu engagieren, also hat sich das ganze sehr früh in meinen Alltag eingegliedert. Klimaaktivistin zu sein, fühlt sich oft so an, als hätte ich die Verantwortung für diese riesige, nie endende Aufgabe übernommen. Mit dem vollen Wissen, dass diese eigentlich keine*r von uns tragen sollte, weil es die Aufgabe unserer Regierung wäre, Verantwortung zu übernehmen. In den Klima-Aktivismus kann immer mehr Zeit und Kraft investiert werden. So weiß ich eigentlich nie genug über Klimasysteme, die Auswirkungen ihrer Veränderungen und die erforderlichen Maßnahmen, die zu ergreifen wären. Auch gibt es immer einen Streik zu organisieren, ein Plakat zu designen, einen Social Media Post zu erstellen, zu Vernetzungstreffen zu gehen… Aufgrund aktueller Ereignisse, z. B. neue Gesetzesregelungen, hat Klima-Aktivismus bei mir dann allerdings häufig eine höhere Priorität als Schule.
Im Großen und Ganzen gehen immer wieder Sachen auf der einen oder anderen Seite unter oder werden nicht so gut gemacht, wie ich mir das wünschen würde.

Fridays for Future München und die Stadtpolitik – hast du das Gefühl, dass ihr gehört werdet?
Ich habe schon das Gefühl, dass uns als Fridays for Future zugehört wird. Aber ich habe nicht das Gefühl, dass unsere Inhalte ernst genommen werden. Besonders wichtig ist es uns, einen Raum zu schaffen, in dem im Sinne des wissenschaftlichen Konsenses gehandelt wird. Den sehen wir momentan nicht. Die Dringlichkeit und Notwendigkeit zu handeln und unsere momentane Politik radikal auf den Kopf zu stellen, ist noch nicht in der Stadtpolitik angekommen. Natürlich kennen wir auch die Grenzen der Einflussmöglichkeiten. Aber dass die IAA einfach so weiterhin in München stattfindet, während auf der ganzen Welt eine Klimakatastrophe herrscht, die auch zum Teil durch das Auto-Fahren vor allem in westlichen Ländern induziert wurde, darf nicht sein.

Siehst du den Kampf um den Klimaschutz als einen Generationenkonflikt?
Natürlich frustriert mich der Gedanke, dass wir auch schon viel früher und schneller hätten anfangen können, die Klimakrise nicht mehr aktiv anzufeuern, Maßnahmen gegen sie zu ergreifen und Klimaanpassung zu betreiben. Die Vergangenheit können wir allerdings nicht mehr ändern. Es geht jetzt darum, gemeinsam zu handeln und Klimagerechtigkeit als generationenübergreifende Aufgabe zu verstehen. Die Klimakrise und deren Auswirkungen betrifft alle, wenn auch bestimmte Menschen überproportional viel.

Was wünschst du dir für die Arbeit im Klimarat?
Ich wünsche mir, dass wir die wichtigsten auf Klimaschutz bezogenen Themen an die Stadt München herantragen und Impulse für die Stadtpolitik geben. So können die unterschiedlichen Bereiche der Gesellschaft, die im Klimarat vertreten sind (Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Wirtschaft) gemeinsam zeigen, dass zukunftsorientierte Klimapolitik gefordert wird.

Ich selbst möchte als Vertreterin der Zivilgesellschaft, den Perspektiven ebendieser Gehör verschaffen und besonders die jungen Menschen vertreten. Denn diese werden in Zukunft in München leben und sie haben gerade keine Möglichkeit, auf zukunftsweisende Entscheidungen signifikanten Einfluss zu nehmen. Außerdem möchte ich das Thema Klimagerechtigkeit und die globale Verantwortung Münchens stärker in den Klimarat einbringen.

Wie stellst du dir München in 2030 vor?

2030 würde ich mir wünschen, dass München ein Raum für Menschen ist. Die Stadt München trifft mutige Entscheidung in Richtung Klimagerechtigkeit. Also klimapolitische, aber auch inklusive Maßnahmen. Die Zahl der in München fahrenden Autos ist geringer, die öffentlichen Verkehrsmittel sind ausgebaut und es entstehen neue Lebensräume, Häuser sind begrünt, Solarpanels sind auf den Dächern, es findet eine sinnvolle Klimaanpassung statt… Selbst in der idealen Welt sind 7 Jahre nicht viel Zeit, um eine ganze Stadt zu verändern. Es ist auch nicht möglich, die perfekte klimagerechte Stadt in so einem Zeitraum zu schaffen. Vielmehr geht es auch darum, jetzt schnell zu handeln und anzufangen.

Vielen Dank für das Interview, Anna. Wir wünschen dir viel Mut und Kraft für dein unglaubliches Engagement.

Mehr zum Klimarat

  • Anna Volk und andere zivilgesellschaftliche Vertreter*innen des Münchner Klimarats waren am 28.o9.2023 im Zukunftssalon zu hören zum Thema „(Mehr) „Klimagerechtigkeit“ …in und durch München? – wir machen mit!“.  Hier kann man die Diskussion nachhören.

Anna Volk, Klimaaktivismus, Klimarat

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