Asháninka: Fortschritt und Nachhaltigkeit durch Gemeinschaft

Das indigene Volk der Asháninka sind sich des Klimawandels und den unmittelbaren, vor Ort spürbaren Auswirkungen bewusst und sehen die Dringlichkeit für Veränderungen und Anpassungen, um dem Klimawandel entgegenzutreten. Das war nach dem Treffen mit den indigenen Delegierten klar.

Am 11.10.22 fand im Rahmen der MIN Impuls Veranstaltung zusammen mit dem Nord Süd Forum e. V. der Vortrag und Austausch mit den beiden Delegierten des indigenen Volkes der Asháninka, Ketty Marcelo López und Angel Pedro Valerio aus Peru, statt. Ketty Marcelo ist Präsidentin der Nationalen Vereinigung der indigenen Frauen der Anden und des amazonischen Regenwaldes in Peru, Angel Pedro ist Präsident der Selbstorganisation der Asháninka-Dorfgemeinschaften am Ene Fluss im zentralen Regenwald Perus (CARE).

Die Asháninka, deren Lebensgrundlage die Flüsse und Wälder des Amazonasgebietes im zentralen Regenwald Perus sind, erleben den Klimawandel in ihrem Lebensraum auf vielfältige Art und Weise. Neben Dürren und Krankheiten bedroht eine aus Afrika eingewanderte, invasive Schnecke ohne natürliche Fressfeinde durch massiven und langfristigen Befall den Bestand und die Ernte der lokal angebauten Kulturpflanzen. Auch die Folgen der Umweltverschmutzung kommen zu tragen. So berichtet Ketty, dass der einst fischreiche Fluss ihres Heimatdorfes stark verschmutzt und somit keine Fischerei mehr möglich ist.  Als Folge dieser Entwicklung und der wirtschaftlichen Not migrieren viele Männer und Jungen auf der Suche nach Arbeit in Städte. Die Frauen sind in den Dorfgemeinschaften allein verantwortlich für die Erziehung und Bildung der nachkommenden Generationen in den Bereichen Heilpflanzenkunde, Gesundheit, Sicherung der Ernährung, Landwirtschaft, Fischerei und (Kunst-)Handwerk.

Eingriffe in den Regenwald

Neben den bereits bestehenden Auswirkungen des Klimawandels stehen die Asháninka einer Vielzahl weiterer Herausforderungen gegenüber, die in Wechselwirkung mit dem Klimawandel und dessen Auswirkungen stehen. Hier sind neben der Gewinnung und Ausbeutung von Ressourcen wie Erdöl und Tropenholz, v.a. auch der Anbau von Coca-Pflanzen zur Herstellung von Kokain zu nennen. Bis zu 70 % des international produzierten Kokains sollen laut Angel Pedro auf dem Territorium der von ihm geführten indigenen Organisation angebaut werden. Eingriffe in den Regenwald zur Erzeugung von den genannten Produkten beanspruchen große Flächen, haben Rodung und die langfristige Zerstörung des Ökosystems und des Lebensraums Regenwald zur Folge. Zudem wird hierbei vermehrt in das Territorium der Asháninka eingedrungen, welche zur Erhaltung ihrer Lebensweise auf ein unversehrtes Territorium angewiesen sind. Speziell die Produktion von Kokain folgt Schwarzmarktpreismechanismen und wird in internationalen Währungen gehandelt, sodass die Produktion von anderen lokalen, landwirtschaftlichen Erzeugnissen um ein Vielfaches weniger Umsatz erwirtschaften lässt. Dies bedingt, dass große Flächen für den Cocapflanzen-Anbau zerstört werden und insbesondere viele Jugendliche dort anfangen zu arbeiten, da dies aus finanzieller Sicht eine attraktive Perspektive darstellt.

 

Fortschritt im Sinne einer gemeinschaftlichen Weiterentwicklung

Um Antworten auf die geschilderten Herausforderungen zu finden, setzen sich die Asháninka aktiv für eine moderne Entwicklung im Einklang mit ihren Werten ein. Für sie wird Fortschritt nicht durch wirtschaftliches Wachstum definiert, sondern durch eine gemeinschaftliche und nachhaltige Lebensweise. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, haben die Asháninka bereits einige Lösungsansätze entwickelt und umgesetzt: So haben mehrere Dorfgemeinschaften im Gebiet von Angel Pedro eine genossenschaftlich organisierte Kooperative „Kemito ENE“ für den Anbau von Kakao aufgebaut, um eine lukrative Alternative gegenüber dem Anbau von Monokulturen, aber v. a. gegenüber dem hochpreisigen Anbau von Cocapflanzen zu schaffen. In Form von kleinbäuerlicher Agroforstwirtschaft wird auf maximal 3 ha Kakao angebaut. Im Fokus steht der Ausbau eines Wissensnetzwerkes, um den Erfahrungs- und Erkenntnisaustausch zu maximieren, die Zusammenarbeit zu optimieren und die jüngere Generation zu integrieren und auszubilden. Hierdurch wird ein wirtschaftlicher Schutzraum für die Dorfgemeinschaften bei Ernteausfällen und eine Perspektive für die Jugendlichen geschaffen.

Einsatz von Drohnen

Ein weiterer Ansatz zum Schutz ihres Territoriums ist die Einbindung der Technologie von GPS-Geräten und Drohnen. Der Einsatz von den GPS-Geräten dient dazu, ihr Territorium geographisch exakt anhand der Koordinatenangabe der GPS-Geräte zu bestimmen.  Mittels dieser erhobenen Daten können die Dorfgemeinschaften rechtlich gültige Landtitel bei den Behörden beantragen bzw. aktualisieren. Der Erwerb von Landtiteln ist ein zentrales Anliegen der Asháninka im Kampf gegen die Zerstörung des Regenwaldes und ihrer Lebensgrundlage, da hierdurch ein rechtmäßiger Anspruch auf ihr Territorium hergestellt wird.
Mithilfe von Drohnen können die Asháninka unmittelbar Interventionen auf ihrem Territorium detektieren, nachverfolgen und vor den Behörden Foto- und Videobeweise einreichen. Erst dann werden Behörden gegebenenfalls aktiv und gehen teilweise gegen die Verstöße vor. Die Arbeit mit Drohnen bedeutet für die Asháninka somit eine notwendige Unterstützung zur Sicherung ihres Territoriums. Bei dem Erlernen des Umgangs mit den Technologien von GPS und Drohnen liegt der Fokus auf der Ausbildung von jungen Menschen, v.a. auf der von Mädchen, um ganzheitlich und langfristig die Gemeinschaft der Asháninka und die folgenden Generationen zu stärken.

Das hier bei der Ausbildung über moderne Technologien angewandte kollektive Verständnis zieht sich durch das Weltbild der Asháninka, denn für sie handelt man als ein Teil des großen Ganzen, der sogenannten „Mutter Natur“ (Madre Tierra).  Der Schutz zukünftiger Generationen, der Erhalt ihrer Lebensgrundlage und der Umwelt stellt einen wichtigen integralen Bestandteil ihrer Weltperspektive dar und könnte für uns, die westliche Welt, Anlass geben unseren Gemeinsinn neu zu definieren.

 

 

 

 

 

11.10.2022_PräsentationAsháninka_KettyundAngel

Fotos bereitgestellt von Ketty und Angel aus der Gemeinschaft der Asháninka

Asháninka, Gemeinsinn, Klimawandel

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