Die Wasserbank – Stadtmöbel mit Nutzen
Hitze, Starkregen, versiegelte Flächen – Städte wie München stehen zunehmend vor Herausforderungen, wie sie Wasser besser managen können. Etwa 47 % der Münchner Stadtfläche sind bereits versiegelt, was dazu führt, dass bei intensiven Regenfällen das Wasser nicht im Boden versickern kann und direkt in die Kanalisation geleitet werden muss. Was dadurch entsteht, ist oft Staunässe und ein Verlust der Biodiversität.
Mit diesem Thema hat sich Annabelle während ihres Praktikums und im Rahmen ihres Studiums beschäftigt. Um euch einen besseren Eindruck zu geben, was sie herausgefunden hat und wie die Idee der Wasserbank entstand, hat sie uns die Ergebnisse ihrer Recherche zur Verfügung gestellt:
Das „Schwammstadt“-Prinzip: Wasser kommt zurück in den natürlichen Kreislauf
Die Idee der Schwammstadt setzt hier an. Ursprünglich entwickelt wurde sie 2014 in China, als es dort auch zu immer mehr Überschwemmungen und Staunässe in Städten kam. Das Prinzip beschreibt Städte, die wie ein Schwamm wirken: Es hält Regenwasser zurück, lässt es gezielt versickern, verdunsten und das Wasser kann direkt vor Ort wieder von der Natur genutzt werden. Das schützt bei Starkregen vor Überflutungen, entlastet die Kanalisation und sorgt gleichzeitig dafür, dass Stadtklima und Biodiversität gestärkt werden. Schwammstädte werden so resistenter für die Klimakrise und immer intensivere Wetterverhältnisse.
Mit dieser Idee und dem Input von Sylvia Hladky und Christiane Weiss vom Westendkiez-Projekt, ist die MIN auf das Stadtmöbel „Wasserbank“ aufmerksam geworden.
„Wasserbank“: Ein nachhaltiges Stadtmöbel zum Anfassen
Die Wasserbank wurde 2023 von Adrian Sauer und Tim Gebhardt im Rahmen eines Wettbewerbs der Stiftung Baukultur entwickelt. Hier sollten Ideen eingereicht werden, um Parkplätze auf 10 m², besser und nachhaltiger nutzbar zu gestallten. Die Idee dahinter: im Kleinen zu zeigen, wie das Prinzip der Schwammstadt funktioniert. Die zwei Architekturstudenten Adrian Sauer und Tim Gebhart haben mit ihrer Idee beim Wettbewerb „10 m² Baukultur“, gewonnen und die erste Wasserbank in Brandenburg installiert. Sie besteht aus einer modularen Gerüstkonstruktion, einer Sitzgelegenheit und einem integriertem Pflanzbereich. Das Herzstück der Wasserbank ist ein durchsichtiger Tank, der Regenwasser von einer 10 m² großen Fläche sammelt und speichert. Über ein Jahr sammeln sich knapp 4000 l Regenwasser auf 10 m², diese Mengen werden durch das Möbelstück sichtbar gemacht und regen zum Nachdenken an. Das aufgefangene Wasser im Tank dient letztlich zur Bewässerung der Pflanzen und macht den natürlichen Kreislauf für Passant*innen erfahrbar und verständlich.
Die Bank vereint so gleich mehrere Ziele:
- Sie setzt ein Zeichen gegen die Dominanz von Parkplätzen im Stadtbild.
- Sie schenkt Menschen einen Ort zum Verweilen und zum Lernen.
- Sie macht Wasserprozesse im urbanen Raum sichtbar und greifbar.
- Sie bietet durch bienenfreundliche und robuste Bepflanzung einen kleinen Lebensraum für Insekten und Vögel.
Christiane Weiss, Projektmitarbeiterin vom Westendkiez entdeckte das Projekt auf LinkedIN und sofort kam ihr der Gedanke: „Sowas braucht München auch!“ Was während des Prozesses ziemlich bald klar wurde, dass die Umsetzung eines noch nie dagewesen Projektes auf viele Hürden stoßen wird. Um die Wasserbank zu installieren, mussten viele Prozesse durchlaufen werden: von der Absprache mit den beiden Entwicklern, über die Suche nach einem passenden Gerüstbauer bis hin zu der Genehmigung der Verwaltung, so dass die Wasserbank im öffentlichen Raum stehen darf. Nach vielen Bemühungen von Christiane und Sylvia, ist die Umsetzung und Aufstellung im öffentlichen Raum in München in diesem Jahr letztendlich gescheitert.
Im Gespräch mit Christiane Weiss wurde klar: „Der Input der reingesteckt wurde, steht nicht mehr im Verhältnis zum Nutzen der Wasserbank.“ Gescheitert ist das Projekt in diesem Jahr letztendlich wegen mangelnder Statik. „Da wir die Haftung für die Installation im öffentlichen Raum übernehmen müssen, benötigen wir dafür eine Prüfstatik. Die Bank steht zurzeit in Leipzig, dort hat die Stadt die Haftung übernommen. Wenn eine Prüfstatik vorliegt, könnten wir die Wasserbank vielleicht im nächsten Jahr nachbauen lassen“, erklärt Sylvia Hladky.
Aber es besteht noch weiterhin Hoffnung auf eine erfolgreiche Installation der Bank im Münchner Raum. Durch das Interview mit Adrian Sauer und Tim Gebhardt haben wir erfahren, dass die Wasserbank in Leipzig installiert wurde! Dort steht sie mit Initiative der Stadt auf einem Straßenfest. Mit Postern und den Aufruf „Gieß Mich!“ schafft sie dort einen einladenden Ort für alle Besucher. Nach der Ausstellung auf dem Stadtfest soll sie dann an eine Grundschule übergeben werden, bei der sie ein neues langfristiges Zuhause finden wird und durch Gießpatenschaften zur Umweltbildung der Schüler*innen dient.
Leipzig gibt Hoffnung!
In der Stadt Leipzig sieht man, wie die Wasserbank ein wichtiger Baustein sein kann, um das Prinzip der Schwammstadt stärker in den öffentlichen Diskurs zu rücken. Außerdem zeigt sie, wie nachhaltige Stadtmöbel Menschen zum Nachdenken und Mitmachen anregen können. Und durch die aktive Einbindung der Besucher*innen, vermittelt die Bank zugleich einen Bildungsauftrag.
Das Projekt steht dabei auch symbolisch für eine wichtige Frage:
Sind wir in der Lage, unser Stadtbild und unsere Verwaltungsstrukturen so zu gestalten, dass neue, nachhaltige Ansätze eine echte Chance haben?
Die MIN bleibt dran, Menschen, Organisationen und Stadtverwaltung zusammenzubringen und ein passende Rahmen für nachhaltige Pilotprojekte wie die Wasserbank zu schaffen – für öffentlichen Raum, der mehr ist als eine Ansammlung von Parkplätzen und Asphalt.
Vielen Dank, liebe Annabelle Eck für die Begleitung dieses innovativen Projektes.
Fotos: Adrian Sauer und Tim Gebhardt
Die Wasserbank wurde auch als Idee München Budget 2025 eingereicht. Wir sind gespannt.
