Mehr Grün, weniger Blech im Westend – wie steht es um Münchens Nachbarschaftsviertel?

Wer den Superblock in Barcelona besucht, durch Ljubljanas autofreie Altstadt bummelt oder Kopenhagens entspannte Radwege erlebt hat, weiß: Städte können auch anders. Ruhiger, grüner, lebenswerter – wenn sie sich von der Dominanz des Autos befreien.
Wann kommt das Nachbarschaftsviertel Westend?
Wie die Rathaus Umschau im Frühjahr meldete, arbeitet die Stadtverwaltung aktuell an einem Konzept für das Nachbarschaftsviertel im Westend, das sich am Superblock-Modell orientiert, aber an die Gegebenheiten vor Ort angepasst ist. Der Bezirksausschuss (BA) ist in die Planung eng eingebunden. Ein weiterer Stadtratsbeschluss soll noch im Jahr 2025 folgen. Danach ist eine Bürgerbeteiligung vorgesehen. Erst dann beginnt die Umsetzung.
Kein Recht auf Parkplatz
Sibylle Stöhr, die Vorsitzende des Bezirksausschusses Schwanthalerhöhe, bezweifelt jedoch, dass dieser Zeitplan realistisch ist. „Bis März 2026 läuft der Wahlkampf, danach müssen sich neue politische Mehrheiten finden. Für Stöhr steht fest: „Man muss mutig genug sein, das Projekt entschlossen weiterzuführen. Was Paris vormacht – mutige, von oben durchgesetzte Veränderungen – fehlt in München. „Dort wird geklagt, aber weitergebaut. Hier wird zu viel gezögert.“
„In einer wachsenden Stadt kann nicht jeder ein eigenes Auto samt Parkplatz beanspruchen. Im Westend haben wir gute Anbindungen und einen Mobilitätspunkt. Alle profitieren, wenn statt Autos Bäume vor der Tür stehen. Ein Recht auf einen Parkplatz im öffentlichen Raum? Das existiert nicht. Die Menschen mitzunehmen, ist uns jedoch sehr wichtig“, so Sibylle Stöhr.
Was die im Westend lebende Politikerin in München vermisst, ist eine Vision. „Überall wird ein bisschen ausprobiert. Aber die große Verkehrswende? Die bleibt bisher aus.“
Wenn neue Räume entstehen
Irmgard Seidl lebt seit 30 Jahren im Westend. Sie ist offen für Veränderungen vor ihrer Haustür und wünscht sich ein grüneres, ruhigeres Quartier mit mehr Aufenthaltsqualität. „Es würde sich ein neuer Raum öffnen, in dem Begegnungen im Freien stattfinden können“. Auch wenn sie ihr Auto nicht aufgeben möchte, sieht sie ihr Viertel verkehrstechnisch gut angebunden. In die Innenstadt fährt sie ohnehin nicht mit dem Wagen.
Auf das Projekt „Westendkiez“ wurde Irmgard Seidl durch eine Baumpflanzaktion im Jahr 2023 in der Kazmairstraße aufmerksam. Als Hausbesitzerin stellte sie ihren Wasseranschluss fürs Gießen zur Verfügung.
Sie beobachtet, dass sich im Westend schon einiges tut: Hoffeste, gemeinsame Aktionen im Haus und kleine Initiativen in ihrer direkten Nachbarschaft. Für Irmgard Seidl steht fest: „Die nächsten Schritte müssen einfach gegangen werden. Am Anfang sind die Gegner immer laut, doch danach wird die höhere Lebensqualität für alle spürbar sein.“
München sollte mutiger die Verkehrswende umsetzen
Das ist auch die Erfahrung von Sylvia Hladky, der Projektleiterin des Westendkiezes: „Am Anfang unserer Straßenexperimente gab es eine kleine, aber laute Gruppe, die dagegen war. Nach zwei Wochen verstummte sie jedoch, weil sich ihr nur wenige Gleichgesinnte anschlossen.
Auch sie ist der Meinung: „München müsste insbesondere bei der Verkehrswende mutiger sein. Gerade zeigt Helsinki, dass null Verkehrstote auch in einer Großstadt möglich sind, wenn die Geschwindigkeit auf 30 km/h reduziert und die Infrastruktur für aktive Mobilität ausgebaut wird.“